The End We Start From (2023) (2024)

Eine Filmkritik von Julia Stanton

Wenn Albträume wahr werden

Sollten wir heute noch Kinder kriegen, ist eine Frage, die zurzeit viele junge Menschen beschäftigt: Klimawandel, dadurch entstehende Naturkatastrophen und politische Unruhen hätten diese Welt zu einem nicht mehr lebenswerten Ort gemacht, so die Angst derer, die für Kinderlosigkeit plädieren. Diese Debatte ist zentral für „The End We Start From“, den Debütfilm der englischen Regisseurin Mahalia Belo, der vor Kurzem auf dem Toronto International Film Festival (TIFF) Premiere hatte.

Der Film beginnt mit einem Albtraumszenario: Die hochschwangere, unbenannte Protagonistin des Films (Jodie Comer) ist alleine zuhause, als ein leichter Regen sich plötzlich in ein extremes Unwetter verwandelt und droht, das Haus zu überfluten. Beim Versuch, das Wasser in Schach zu halten, platzt ihre Fruchtblase – weder ihr Mann noch der Notdienst sind zu erreichen. Cut.

Die nächste Szene lässt aufatmen: Mutter und Baby sind am Leben, der Vater (Joel Fry) ist bei ihnen im Krankenhaus. Hier scheint noch alles gut: Die Familie ist glücklich über die Geburt ihres Kindes und realisiert noch nicht das Ausmaß der Katastrophe. Schnell wird allerdings klar, welches Chaos der Sturm ausgelöst hat: Das Haus der Familie ist unbewohnbar, und so werden sie zu Inlandsflüchtlingen. Für kurze Zeit können sie Zuflucht bei ihren Eltern finden, bevor die nächste Katastrophe ihr Leben erschüttert und sie merken, dass sie keine Möglichkeit mehr haben, an Essen zu kommen.

The End We Start From, der auf dem gleichnamigen Roman von Megan Hunter basiert, positioniert sich in seiner Darstellung der Geschehnisse klar gegen die sensationshaften und übertriebenen Klimawandel-Apokalypsen-Filme der vergangenen Jahre. Statt aufreibender Szenen, in denen sich Gräber auftun und Häuser einstürzen, zentriert er das Leben der Familie und zeigt authentisch, was die Katastrophe für sie bedeutet. Dieser Ansatz ist erfrischend und gibt einen intimen Einblick in das Innenleben der Protagonisten.

Das Herz des Films ist dabei ohne Zweifel die großartige Jodie Comer, die spürbar in ihrer Rolle aufgeht und The End We Start From zu einem berührenden Porträt von Mutterschaft und Menschlichkeit macht. Der Film löst Betroffenheit und Mitgefühl aus, weil er deutlich macht, dass sich Katastrophen auch immer durch eine gewisse Alltäglichkeit auszeichnen, bis sie plötzlich jegliche Alltäglichkeit durchbrechen und zum Unvorstellbaren werden.

Doch er läuft in seinem unkonventionellen Ansatz auch Gefahr, apolitisch zu werden und in Kitsch zu verfallen: An keiner Stelle werden (geo)politische oder gesellschaftliche Verhältnisse thematisiert. Es mag sich dabei um eine bewusste Entscheidung handeln, weil der Film eben nicht den Anspruch hat, die gesamtgesellschaftliche Situation darzustellen, und auch nicht als Kommentar dazu verstanden werden will. Doch gerade bei Themen wie Klimawandel und Mutterschaft wirkt die extreme Abwesenheit jeglicher Kontextualisierung ignorant. Abgesehen davon entsteht so auch der Eindruck, dass wichtige Aspekte ausgelassen werden. Die glaubhafte Darstellung des emotionalen Zustands der Protagonisten steht hier im klaren Kontrast zur unrealistischen Darstellung der äußeren Umstände. So stellt man sich beispielsweise die Frage, wie die Familie es schafft, ein Neugeborenes über Wochen am Leben zu halten, während sie alleine durch die Wildnis wandert, ohne Essen oder Schutzmöglichkeit.

Diese und andere Unstimmigkeiten, die mit Sicherheit auch dem kleinen Produktionsbudget geschuldet sind, bewirken, dass der Film an Stellen banalisierend erscheint; so als würde er sich den wirklich schwierigen Fragen entziehen. Dies wird nicht zuletzt auch durch seine spezielle Visualität verstärkt: The End We Start From zeichnet sich durch beeindruckende Landschaftsaufnahmen aus, die metaphorisch eng mit der Handlung verwoben sind. Schon in der Anfangsszene des Films wird eine Verbindung zwischen dem Badewasser als Ort der Entspannung, der Gemütlichkeit eines leichten Regens in einem warmen Haus und gleichzeitig der zerstörerischen Kraft von Wasser hergestellt. Die Binarität zwischen „Mutter Erde“ und „Zerstörerin Erde“, die durch diese Metaphorik entsteht, erscheint abgenutzt und wird weder erweitert noch verkompliziert.

Letztendlich rücken diese Einwände aber in den Hintergrund, weil der Film so extrem auf emotionale Betroffenheit setzt. Man fiebert mit und nimmt Anteil am Versuch der Familie, zwischen einer zerstörten Vergangenheit und einer ungewissen Zukunft Fuß zu fassen. The End We Start From positioniert sich in seiner Darstellung der Geschehnisse weitestgehend lebensbejahend und zeigt, dass es auch immer eine Welt nach der Katastrophe gibt. So ist man am Ende zwar positiv gestimmt, bleibt aber dennoch mit dem mulmigen Gefühl zurück, dass der Film eine komplizierte Debatte, zu der er nichts Signifikantes beizutragen hat, extrem herunterbricht. Bei diesem Thema eine verpasste Chance.

Als gewaltige, verheerende Wassermassen über London hereinbrechen, ist jeder sich selbst der Nächste – nur für eine junge Frau (Jodie Comer) ist ein Leben wichtiger als ihr eigenes: das ihres Neugeborenen. Mit ihrer Flucht aus London beginnt eine Odyssee voller Gefahren, denn schon bald versinkt das ganze Land im Chaos, und der Weg nach Hause wird zur Zerreißprobe in „The End We Start From“. Es ist der Vorschlag ihres Partners R. (Joel Fry), Zuflucht bei seinen Eltern (Nina Sosanya, Mark Strong) auf dem Land zu suchen. Aber auch wenn sie mit offenen Armen empfangen werden, erwartet sie kein ländliches Idyll. Während die Welt um sie herum immer gefährlicher wird, folgt ein Schicksalsschlag auf den nächsten, und als die junge Frau von R. getrennt wird, macht sie sich mit dem Baby allein auf den Weg. Die Begegnung mit einer anderen Mutter (Katherine Waterston) bringt in ihr eine bisher ungeahnte Stärke zum Vorschein. Aber jede Begegnung (Benedict Cumberbatch, Gina McKee) birgt auch Gefahren.

The End We Start From (2023) (2024)

FAQs

What is The End We Start From about ending explained? ›

Reunited again, the family returns to London. The novel concludes with the narrator and R surveying the extent of the water damage while Z takes his first steps, filling his parents with a tentative sense of hope for the future.

What is the end we start with about summary? ›

What is the premise of The End We Start From? ›

Fresh audience score. When an environmental crisis sees London submerged by flood waters, a young family is torn apart in the chaos. As a woman and her newborn try and find their way home, the profound novelty of motherhood is brought into sharp focus in this intimate and poetic portrayal of family survival.

Is The End We Start From about climate change? ›

Film The End We Start From and drama After The Flood both explore a world ravaged by climate change, with the action led by women.

Does the baby survive in The End We Start From? ›

In The End We Start From, cars are still on the roads and thus presumably petrol supplies remain; water continues to be safe to drink; our heroine and her baby survive long treks in good shape (do the filmmakers understand just how heavy a four month baby is?); there is nary a rat or a co*ckroach to be seen (though I ...

What happened to the mom in The End We Start From? ›

Woman and her husband R are forced to flee with their baby to R's parents. After R's mother G is trampled to death at a food distribution facility, R's father N dies by suicide, leaving R badly traumatised. Woman and R decide to go to a local shelter, but R gets separated from Woman and their son.

What is the summary of the novel We Begin at the End? ›

We Begin at the End follows the thirteen-year old self-proclaimed "outlaw" duch*ess Day Radley and sheriff Walker--more commonly known simply as 'Walk'--as they both try to navigate their own individually difficult lives that occasionally intersect due to duch*ess' mother, Star.

What are the themes of we begin at the end? ›

“We Begin At The End” has a great theme in forgiveness and the inability to accept it. This is a tale of events and repercussions. Teenagers Walk, Vincent, Martha and Star were as close as friends could be.

What is the purpose of the ending? ›

Its function can be to resolve an otherwise irresolvable plot situation, to surprise the audience, to bring the tale to a happy ending, or act as a comedic device.”

What is the theme of The End We Start From? ›

Moving on to the rest of the content: it feels like there are three main strands to The End We Start From: the overarching creation/destruction myths mentioned above, the dystopian vision of a London under water and chaos that ensues, and the all-encompassing focus of new motherhood.

Is The End We Start From a good movie? ›

The End We Start From has received positive reviews from professional critics, but these days this might suggest that the movie is nothing special or good for an audience seeking entertainment (because you know, the message counts).

Where was The End We Start From filmed? ›

Although not all of the filming locations are known, it is thought that some scenes from The End We Start From were filmed in London and Oxfordshire. In October 2022, the Daily Mail reported that Jodie Comer had been spotted filming scenes on the roof of the Hard Rock Cafe in Piccadilly, London.

How does the book we begin at the end end? ›

The novel ends with duch*ess proudly presenting a school project in which she identified Vincent, the outlaw, as her father.

What is the ending of this is the end? ›

Jay grabs Seth's hand as he heads up, but his presence prevents them from ascending into Heaven; Seth forces Jay to leave him behind, after which another beam appears around Seth and inadvertently castrates Satan. In Heaven, Seth and Jay are reunited with Craig, who tells them that any wish comes true there.

What happens at the end of before we go movie? ›

In the morning, they return to the train station. Just before they part, Nick makes a pretend call from a phone booth. Using it as a "time machine" he calls himself in the past, saying he will meet a woman and "you will need her more than she needs you." They share one last kiss and finally part.

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Author: Pres. Lawanda Wiegand

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